Montag, 16. Dezember 2013

Was ist mit dem Kader möglich - mögliche Alternativformation

Nach dem 0:4 im Spiel gegen Union gibt es in den Foren wieder Diskussionen über mögliche Systemwechsel und alternative Besetzungen. Im folgenden Artikel möchte ich kurz meine Ideen zu diesem Thema zusammenfassen.
 

Das offensive Flügeldilemma

  
Der VfL hat im Moment keine offensiven Flügelspieler, die in der Lage sind, das Spiel vom Flügel aus zu machen oder mit Zug in Richtung Tor zu gehen. Cwielong wurde durch die Manndeckungsaufgaben seine primäre Stärke im Pressing, das Belauern von Passwegen, genommen. Seitdem ist er defensiv überfordert und offensiv kommt von ihm nichts außer dass er am langen Pfosten auf Ablagen oder Flanken lauert. Tasaka müsste viel stärker vom Flügel in den Zwischenlinienraum ziehen, er hat aber Probleme, wenn er den Ball mit dem Rücken zum Tor annehmen muss. Die einzigen Alternativen für die Flügelpositionen sind die aktuellen Außenverteidiger Felix Bastians und Slawo Freier, Christian Tiffert sowie der junge Unur Bulut. Tiffert wurde bereits sporadisch dort eingesetzt. Ihm fehlt jedoch die Dynamik, um aus einer breiten Grundposition aus dem Stand heraus Fahrt aufzunehmen. Seine Stärken kann er eher ausspielen, wenn er aus der Tiefe diagonal Tempo aufbauen kann. Letzterer ist zwar defensiv stabiler als Cwielong und Tasaka besitzt aber auch keine große offensive Durchschlagskraft. Grad bei aussichtsreichen Kontersituationen zeigt Bulut häufig nervositätsbedingte Hektik und schlechte Entscheidungsfindung. Als Alternative bietet sich deshalb ein System mit einfach besetzten Flügeln an.
  

Einrücken der Außenverteidiger

  
Bei den Gegentoren gegen Union zeigten sich große Probleme bei Bastians und Freier, Unterzahlen im Strafraum oder Herausrückbewegungen der Innenverteidiger durch einrückende Bewegungen zu kompensieren. Von daher würde ich, wie auch bereits im Blog vorgeschlagen, auf einer Formation mit einer flexiblen Absicherung der offensiven Außenverteidiger aufbauen, d. h. die Abwehrkette durch einen zusätzlichen Halbverteidiger, z. B. Acquistapace oder Butscher, verstärken, damit Freier und Bastians ihr Offensivpotential besser ausspielen können.

Sinkiewicz Rückkehr

  
Das einzig positive am Spiel gegen Union war die Rückkehr von Lukas Sinkiewicz. Er brachte sofort Stabilität und Präsenz in Bochums defensives Mittelfeld. Aufgrund seiner Physis und Spielintelligenz ist er perfekt geeignet für die Position zwischen Innenverteidigung und defensivem Mittelfeld. Durch den Ausfall Patrick Fabians ist es nicht unwahrscheinlich, dass er gegen Dresden sein Comeback in der Startelf feiert.
  

Fokus auf Konterspiel und sichere Ballzirkulation

 
Da die Idee aus dem Blog damals noch auf einer dominanteren Spielanlage basierte und ich mittlerweile einsehe, dass der VfL nie ein Ballbesitzteam wird, würde ich meinen damaligen Vorschlag personell etwas anpassen. Tiffert wird nicht als tiefliegender Spielmacher installiert und behält seine Rolle als diagonaler Sechser aus der Tiefe bei. Sinkiewicz wird zentral als Zwischending aus Innenverteidiger und Vorstopper installiert und bei der Verteidigung des Zwischenlinienraums von Jungwirth unterstützt. Tasaka nimmt eine zentrale Rolle als 8er/10er ein. Ilsö pendelt zwischen 10er und hängender Spitze. Freier und Bastians fungieren als Flügelläufer, die je nach Höhe des Balles zwischen Außenverteidigern und Außenstürmern wechseln.

Vorschlag für eine alternative Grundformation
  
Defensiv wird wie bisher Beton angerührt. Es wird ein tiefes Mittelfeld bzw. Abwehrpressing gespielt, wobei durch die Außenverteidiger und die Rolle von Sinkiewicz flexibel zwischen einem 3-4-3, 4-3-3 und 5-2-3 gewechselt werden kann. Durch die Möglichkeit zur Bildung von situativen Fünferketten in Abwehr und Mittelfeld sollen die horizontalen Zwischenlinienräume besser geschlossen werden. Die vordere Dreierreihe kann das Zentrum besser verschließen und bei Verlagerungen auf die Außenverteidiger des Gegners noch schneller Druck aufbauen. Im Umschaltmoment hat man durch die Außenspieler die direkte Möglichkeit zum Kontern. Durch die enge Dreierreihe in der Abwehr mit drei kopfballstarken Spielern und die Doppelsechs davor sind auch lange Bälle und die entsprechenden Abpraller gut zu verteidigen.
  
Defensive Grundformation
  
Im Aufbauspiel gibt es die Rückkehr zur Dreierkette und zum 3-3-3-1. Dieses wird jedoch nun stärker dazu genutzt, den Ball ruhig zirkulieren zu lassen und Bälle zu den Kreativspielern im Zwischenlinienraum zu bringen. Dafür rücken Bastians und Freier weit auf, um Breite zu geben und die Mittelfeldreihe des Gegners auseinanderzuziehen. Jungwirth und Tiffert weichen immer wieder in die Räume hinter Freier und Bastians aus, um Räume für rückfallende Bewegungen von Tasaka und Ilsö zu schaffen. Die beiden sind die primären Zielspieler für flache Vertikalpässe. Tasaka etwas tiefer als Ilsö, damit er die Zeit hat, sich zu drehen und Tempo im Zentrum aufzunehmen. Diese Rolle hat er gegen Paderborn mit Bravour ausgefüllt - leider nur für knapp 20 min. Sobald der Ball in diese Zone kommt, ziehen sich Jungwirth und Tiffert wieder zusammen und sichern ab bzw. halten die Ballzirkulation im zweiten vertikalen Drittel des Spielfelds aufrecht. Freier und Bastians bieten sich für Diagonalsprints in die Schnittstellen für Abschlüsse oder Rücklagen von der Grundlinie an. Sukuta-Pasu sorgt mit ausweichenden Läufen für die entsprechenden Räume. Sollte die Dreierkette im Aufbau aggressiv unter Druck gesetzt werden, kann weiterhin auf die langen Diagonalbälle in den halbrechten Raum zurückgegriffen werden. Ilsö, Freier und Sukuta-Pasu ballen sich dann dort, wobei Sukuta-Pasu Zielspieler ist, Freier dynamisch einläuft und Ilsö sich auf die Abpraller für den Lochpass auf Freier bzw. Bastians konzentriert.
  
Aufbauformation
  
Ist der VfL in Rückstand oder zieht sich der Gegner weit zurück, so wird weiterhin Wert auf eine gute Möglichkeit zur Ballzirkulation und eine gute Absicherung gelegt. Als Grundformation dient ein 3-3-4. Mehr als vier Spieler tauchen nie im letzten Band auf. Innerhalb dieses Bands gibt es jedoch enorm viel Bewegung. Sukuta-Pasu dient als Initiator mit ausweichenden Bewegungen - die so geschaffenen Lücken werden direkt von Ilsö (vertikal, Aydin wäre hier noch geeigneter) und den Außenspielern (diagonal) angelaufen. Auch Wechsel zwischen dem 2. und 3. Band sind möglich, so kann Freier mit rückfallenden Bewegungen Räume für die Diagonalläufe Tifferts schaffen, der dann Flanken ins Zentrum schlägt. Tasaka kann wie schon im Aufbauspiel Dribblings in den Zwischenlinienraum für Abschlüsse und Lochpässe nutzen. Jungwirth sichert diese Bewegungen  horizontal ab.
  
Staffelung für eine sichere Ballzirkulation bei einem sehr tiefen Gegner

Sonntag, 15. Dezember 2013

VfL Bochum - 1. FC Union Berlin 0:4

In einem enttäuschenden Spiel kassiert der VfL seine erste deutliche Niederlage der Saison. Die Eisernen bespielen die taktischen Eigenheiten des VfL sehr gut und zeichen sich durch eine hohe Effizienz in der Chancenverwertung aus. Der VfL hingegen offenbart erneut enorme Probleme, wenn er das Spiel machen muss.
 

Grundformationen

  
Peter Neururer griff erneut auf die Startelf aus dem Hinspiel zurück. Das bedeutete, dass Danny Latza für die hängende Spitze Ken Ilsö ins Team kam. Christian Tiffert rückte von der 8er- auf die 10er-Position in einem recht klassisch interpretierten 4-2-3-1. Union Berlin stellte dieser Formation ein 4-1-3-1-1 entgegen, in welchem Damir Kreilach als einziger Sechser die Abwehr schützen und das Aufbauspiel ankurbeln sollte. Die offensive Dreierreihe mit Dausch, Köhler und Quiring zeigte sich sehr flexibel in der Positionsbesetzung auf den Flügeln und im Zwischenlinienraum.

Grundformationen in der 1. Halbzeit
 

Spielbeginn

  
Zu Beginn des Spiels zeigte der 1. FC Union Berlin dem VfL wie der Gegner durch ein koordiniertes und ruhiges Aufbauspiel zurechtgelegt werden kann. Durch den Fokus der Bochumer 4-4-1-1 Pressingformation auf Unions einzigen Sechser Damir Kreilach und die hohe Passivität der Außenspieler Yusuke Tasaka und Piotr Cwielong konnten die Eisernen den Ball innerhalb der Viererkette in Ruhe kreisen lassen und die Bochumer zum Verschieben zwingen. Zwischenzeitlich nutzten die Offensivspieler Unions zahlreiche Positionswechsel um die raum- bzw. zonenorientierte Manndeckung der Bochumer zu bespielen. Köhler und Dausch wechselten ständig zwischen Zwischenlinienraum und Außenbahn und Quiring ging für Überladungen weit auf die rechte Bochumer Defensivseite. Auch Mattuschka ließ sich temporär in die durch die Rochaden geöffneten Räume fallen. Die kurze Zeiten, in denen die Spieler aufgrund von Übergaben frei waren, wurde dann genutzt, um Pässe aus der Viererkette in die Tiefe zu spielen. Auf diese Weise wurden zuerst die Bochumer Sechser herausgezogen, da diese natürlich versuchten, nach dem Anspiel Zugriff herzustellen, und dann der geöffnete Zwischenlinienraum anvisiert. Das Tor von Quiring in der 13. min ist ein tolles Beispiel für dieses Vorgehen.
  
Positionierung vor dem 0:1
   
Damir Kreilach bewegt sich flexibel zwischen den Innenverteidiger und erlaubt so eine sichere Ballzirkulation vor Bochums Pressingformation. Die Außenverteidiger rücken etwa auf Höhe der offensiven Dreierreihe vor. Nach bereits umfangreicher Ballzirkulation in Berlins Viererkette bewegt sich der Linksaußen Christopher Quiring in den Raum zwischen Bochums Stürmern und dem Mittelfeld, bekommt dort von Mario Eggimann den Ball, läuft etwas in Richtung eigener Hälfte und spielt den Ball zurück zu. Er zieht seinen potentiellen Gegenspieler Yusuke Tasaka damit ebenfalls ins Zentrum und nach vorn, so dass ein 4-3-3 bei den Bochumern entsteht. Nach dem Pass startet Quiring direkt diagonal auf die linke Seite - Tasaka lässt ihn laufen, um seine Deckungszone auf der rechten Seite wieder einzunehmen. Zeitgleich kippt Köhler hinter den linken Außenverteidiger ab während der Ball wieder nacht links zirkuliert und zieht somit Bochums rechten Sechser Danny Latza aus dem Zentrum. Der Ball geht wieder ins Zentrum und Köhler läuft sich zentral frei. Latza weicht langsam zurück in seinen halbrechten Raum und auch der linke Sechser Jungwirth rückt raus. Kreilach erkennt das Loch im Zwischenlinenraum sowie die Überladung des linken Halbraums durch Dausch und Quiring und spielt einen hohen Diagonalball in diese Zone. Terrodde kommt entgegen, zieht durch das Herausrücken und das Mitziehen seines Manndeckers Marcel Maltritz die notwendige Lücke auf und legt ab. Der Rest ist Formsache - vor allem da Freier einfach stehen bleibt, anstatt die Lücke durch Maltritz Herausrücken durch eine engere Positionierung zu schließen.  
  
"Im Mittelfeld haben wir den Gegner nur begleitet, das hat Union hervorragend ausgenutzt."
Peter Neururer
   
Die flexiblen Bewegungen der Offensivreihe und das ständige Wechseln zwischen den Bochumer Zuordunungszonen sorgte dafür, dass häufig erst aggressiv Richtung Mann gerückt wurde, wenn dieser den Ball erhielt oder sich in Richtung Ball bewegte. Da die Berliner dieses Verhalten gezielt ausnutzten und sich bei den Anspielen auf Ablagen beschränkten, entstand der Eindruck,  dass die Bochumer immer einen Schritt zu spät kamen. Das Bild zur Entstehung des 0:1 zeigt auch, dass die Bochum durch die zonenorientierte Deckung zwar lokale Kompaktheiten erzeugen konnte, dafür jedoch wichtige Zonen im Zentrum offenbarten. Die meisten Spieler scheinen über kaum gruppentaktisches Verständnis zu verfügen, da insbesondere die Spieler, deren Zonen grad frei von Gegenspielern waren, es versäumten, balancierende Positionen einzunehmen. Insbesondere die Außenspieler (beim Tor explizit Bastians, Tasaka und Freier) deckten teilweise sinnfrei ballferne Zonen ab, anstatt einzurücken, um die Kompaktheit in den zentralen Räumen zu erhöhen.
 

Offensivspiel des VfL

  
Eigentlich wollte ich in diesem Artikel dem Offensivspiel des VfL einen stärkeren Fokus widmen. Durch den frühen Rückstand stand der VfL auch unter dem Druck, das Spiel zu machen. Trotzdem waren kaum koordinierte Abläufe zu erkennen. Union verstand es, die Bochumer schnell auf eine Seite festzulegen. Dies wurde auch dadurch unterstützt, dass mit Ausnahme der Sechser Jungwirth und Latza, die auch mal versuchten das Spiel aus einer zentralen Position zu verlagern, überwiegend Kurzpasskombinationen gesucht wurden. So wurde häufig erneut in enge Räume hineingespielt. Die wenigen aussichtsreichen Situationen entstanden nach Überladungen durch starkes Herausrücken von Jungwirth und den Innenverteidigern mit Kurzpasskombinationen auf Links durch einem Seitenwechsel auf den einlaufenden Freier. Dieser zog jedoch immer mit einem diagonalen Lauf ins Zentrum, womit er durch seine Rechtsfüßigkeit auf Lochpässe beschränkt war. Darüber hinaus fehlten in diesen Situationen die notwendigen diagonalen oder horizontalen Läufe, um überhaupt Adressaten für diese Pässe in die entsprechenden Räume zu bekommen.

Erstaunlicher Weise verzichtete Bochum auf die in den letzten Spielen vermehrt eingesetzten langen Bälle. Dies war auch bedingt durch die sehr tiefe Grundposition Unions nach dem Führungstreffer. Sukuta-Pasu stand in Unterzahl gegen die Innenverteidiger. Kreilach kümmerte sich um die Einschränkung der Räume von Tiffert. Letzterer stellt durch sein flügelorientiertes  Kombinationsspiel auch eine schlechtere Option für zweite Bälle als Ken Ilsö dar, da dieser sich lieber in den mit den langen Bällen angezielten Halbräumen aufhält und deutlich direkter (Lochpässe, Torabschlüsse) nach den Ballbehauptungen agiert. Bei den wenigen langen Bällen machte sich auch noch bemerkbar, dass Richard Sukuta-Pasu Probleme beim ersten Ballkontakt hat. Dieser springt ihm häufig etwas zu weit weg. Ist der Gegner gestreckt, kann er dies durch seinen Körper ausgleichen, indem er verhindert, dass sein Hintermann an den Ball kommt. Steht der Abwehrblock jedoch kompakt, können andere Spieler diese Bälle aufsammeln.
   

Absicherung eigener Offensivstandards am Beispiel des 0:2

 
Der VfL versucht durch eine hohe personelle und physische Präsenz im Strafraum, Gefahr bei Standards zu entwickeln. Die Absicherung ist dabei extrem mannorientiert. Gegnerische Spieler außerhalb des Strafraums werden durch Manndecker bewacht. Diese Aufgabe übernehmen die Flügelspieler Tasaka, Cwielong und Freier, da diese keine Gefahr bei Kopfbällen ausstrahlen und evtl. im Nachrücken mit Fernschüssen gefährlich werden könnten. Darüber hinaus wird ein weiterer Spieler abgestell, der als quasi-Libero absichert. Diese Rolle kam gestern Danny Latza zu. Aus offensiver Sicht macht diese Verteilung Sinn. Alle physisch präsenten Spieler sind in den gefährlichen Räumen aktiv. Aus defensiver Sicht ist diese Verteilung jedoch hochriskant. Dabei geht es weniger um die fehlende physische Präsenz, als viel mehr darum, dass Tasaka und Cwielong, aber auch Paul Freier, über kaum defensive Spielintelligenz verfügen. Sobald aufgrund eines verlorenen Zweikampfs oder eines Fehlers nach der Ballbehauptung eine Situation entsteht, in der defensiv improvisiert werden muss, stehen diese Spieler vor enormen Problemen. Dies zeigte sich deutlich vor dem 0:2.
 
Situation vor der Ballbehauptung. Der "Libero" Latza sichert das Pärchen Tasaka/ Köhler ab. Freier spurtet aus seiner Manndeckung gegen Quiring in den freien Raum und bietet Tasaka so eine Anspielsituation. Freier verspringt der Ball jedoch so weit, dass Dausch ihn ablaufen und trotz des herausragend umschaltenden Patrick Fabian glücklich auf Köhler ablegen kann.
 
Freier wird von Dausch überlaufen und ist aus dem Spiel. Cwielong hat nach der Ballbehauptung umgeschaltet und ist ebenfalls weit hinter Mattuschka zurückgefallen. Köhler hat den Ball zentral und Bochum steht in einer 3 zu 4 Unterzahl. So ziemlich die schlimmste Situation, die vorliegen kann. Obwohl Bochum schlecht gestaffelt steht und der Raum hinter Fabian frei wäre, spielt Köhler auf die Seite zum Pärchen Quiring/Dausch. Da Latza und Tasaka bereits nach dem Ballverlust dorthin verschoben haben, liegt lokal eine 2 zu 2 Situation am Flügel vor. Die Situation für Bochum verbessert sich also - die Unterzahl und die Anzahl der Optionen von Union nehmen dramtisch ab!
 
Anstatt die 2 zu 2 Situation zu nutzen, um Druck aufzubauen und Union am Flügel zu isolieren, weicht Bochum passiv zurück. Tasaka rückt dabei sogar vom Ball weg, so dass Latza einfach von Quiring und Dausch umspielt werden kann. Die Dynamik der Szene und die Bochumer Unterzahl bleibt bestehen. Das Tor ist die Folge.
 
Potentielle Stellung der Bochumer zum Verteidigen der Szene. Tasaka rückt aggresiv vor und versucht Dausch und Quiring in Richtung Außenlinie zur drängen. Köhler stellt er in den Deckungsschatten. Fabian sichert ab, um bei einem durchgedrückten Ball zu verzögern. Latza sichert den einzigen freien Weg nach vorn ab. Die beiden Berliner müssten  abstoppen, so dass auch Freier zurücklaufen kann, um den Ball in Überzahl am Flügel zu erobern.
 

Die 2. Halbzeit

 
Zur Halbzeit wechselte das Bochumer Trainerteam doppelt. Der angeschlagene Sukuta-Pasu und der gelbbelastete Florian Jungwirth verließen das Feld. Dafür kamen mit Ken Ilsö und Mirkan Aydin zwei Stürmer. Christian Tiffert pendelte von nun an zwischen den Positionen als 8er und 10er in einem 4-4-2/4-1-3-2. Durch diese Wechsel wurde der Fokus auf Kurzpasskombinationen noch weiter verstärkt. Mit Sukuta-Pasu fehlte der wichtige Zielspieler und ohne Jungwirth wurden auch die Verlagerungen noch weiter reduziert. In wenigen Momenten schien der VfL tatsächlich konstruktiv nach vorne spielen zu können. Es machte sich jedoch auch bemerkbar, dass dem VfL die gruppentaktischen Mittel für dieses Spiel fehlen. Es gab viele Fehlpässe, da Laufwege ausblieben oder anderes durchgeführt wurden als vom Passspieler erwartet. Darüber hinaus wurden gute Situationen für Abschlüsse verpasst und zu Gunsten von irren Lochpässen verschenkt. Besonders Ken Ilsö tat sich hierbei hervor.
 
Grundformationen in der 2. Halbzeit
   
Die Fehlpässe boten Union die Chance zu kontern. Hierbei fiel Bochum erneut durch eine schlechte Staffelung und Entscheidungsfindung in der Rückwärtsbewegung auf. Union konnte die Führung früh ausbauen und ohne Probleme über die Zeit bringen.

Mittwoch, 27. November 2013

DSC Arminia Bielefeld – VfL Bochum 0:2

Mit einer abgeklärten Defensivleistung und guter Effizienz im Abschluss kann der VfL ohne große Mühe die Punkte aus Bielefeld entführen. Peter Neururer bekommt die Probleme in der Absicherung immer besser in den Griff. Die Ideen und Anpassungen von Stefan Krämer gehen jedoch nicht ganz auf.

Grundformationen


Für Peter Neururer gab es keinen Grund, die erfolgreiche Mannschaft der letzten vier Spiele großartig zu ändern. Lediglich der wiedergenese Felix Bastians verdrängte den erst kurzfristig vor dem Spiel von der Länderspielreise zurückgekehrten Piotr Cwielong. Die Arminia hatte zwar den lange verletzten und stark vermissten Fabian Klos bereits wieder auf der Bank, doch in der ersten Halbzeit ließ Bielefelds Trainer Stefan Krämer den eigentlichen Abwehrspieler Manuel Hornig in der Spitze ran, um einen Zielspieler für lange Bälle zu haben.
  
Grundformationen zu Spielbeginn
 

Spielidee des VfL


Im Vorbericht hieß es „Bochum ist taktisch nahezu lächerlich vorhersehbar“. Diese etwas überzogene Spitze wird von Peter Neururer in den letzten Spielen immer mehr wiederlegt. Die in den ersten Spielen aufgetretenen Probleme, besonders im Aufbauspiel und in der Konterabsicherung sowie beim Verschließen der defensiven Zwischenlinienräume, werden durch gut auf den jeweiligen Gegner abgestimmte Mechanismen mittlerweile sehr gut kompensiert. So wurden die offensiven Außenverteidiger Kaiserlauterns mit Mannorientierungen der äußeren Mittelfeldspieler und die situative Bildung von Fünfer- und Sechserketten gekontert. Gegen Köln wurde durch eine gute Angriffslenkung und ein positionstreueres Verhalten der Sechser der Zwischenlinienraum verriegelt. Die Angriffsbemühungen wurden über lange Bälle auf Sukuta-Pasu und eine gute Staffelung für die zweiten Bälle initiiert und sehr gut abgesichert. Gegen Bielefeld gab es alle diese Mittel in kombinierter Form zu sehen. Darauf soll in den folgenden Paragraphen näher eingegangen werden.

Verschließen der Zwischenlinienräume durch abgeklärteres Defensivspiel


Wie in den letzten Spielen, stellte sich der VfL in der Defensive sehr tief auf. Beide Viererketten standen maximal 10 m auseinander. Dabei war es interessant, wie der VfL zwischen zonenbasierten und konsequenten Mannorientierungen sowie raumsichernden Positionen variierte. Zweikämpfe werden nur noch in Überzahlsituationen, also vor allem rund um den Strafraum, aggressiv geführt. Dieses Vorgehen galt sowohl für die organisierte Defensive wie auch im Umschaltmoment. Es ist völlig konträr zum individuellen Gegenpressing, das in den vorherigen Monaten praktiziert wurde. Auf den Außen und in höheren Zonen lag das Hauptaugenmerk auf lenkenden oder verzögernden Aktionen. Falls Bielefeld mit den Sechsern oder gar den Innenverteidigern in die offenen Flügelbereiche des 4-4-2 vorstoßen wollte, hatte der jeweils ballnahe Bochumer Außenspieler die Aufgabe, passiv zurückzuweichen, den Bielefelder nach außen zu leiten und die Mitte zu versperren. Hier wurde im eigenen Drittel dann meist mannorientiert in Gleichzahl agiert. Ein Doppeln war fast nie zu sehen. So konnte der ballnahe Außenverteidiger den Kontakt zu den Innenverteidigern halten. Gleichzeitig rückte der ballferne Außenverteidiger weit ins Zentrum. Speziell gegen Bielefeld machte sich wohl auch bemerkbar, dass eine starke Überzahl gegen den stürmenden Innenverteidiger Hornig sichergestellt werden sollte. Mit Felix Bastians im linken Mittelfeld gab es einen sehr disziplinierten und spielintelligenten Akteur, der gezielt zwischen mannorientiertem Verfolgen, raumorientierten Blocken und lenkendem Stellen variierte. Sein Gegenüber Yusuke Tasaka ist weniger spielintelligent, wurde jedoch durch eine klare Manndeckungsaufgabe in die Pflicht genommen. Ein Zocken wie beispielsweise im Spiel gegen St. Pauli war somit nicht möglich. Es gab Szenen, in denen Tasaka Läufe in den Rücken des vorgerückten Rechtsverteidigers Paul Freier verfolgte und somit sogar kurzzeitig die Position als Außenverteidiger einnahm (5. min). Die lenkenden raumorientierten Aktionen wurden auf der rechten Seite von Tiffert initiiert, der dann oft leicht horizontal pendelnd vor dem zentral absichernden Jungwirth agierte.
  
Beispielsituation für das erfolgreiche Verschließen der Zwischenlinienräume. Ilsö und Jungwirth verfolgen ihre Gegenspieler mannorientiert, um Unterzahlen zu verhindern und ein Herausrücken der Abwehrspieler zu vermeiden. Bastians sichert gleichzeitig die Passwege entlang der Linie und ins Zentrum. Acquistapace hält den Kontakt zu Fabian und Maltritz.Tiffert und Tasaka sichern den Raum vor der Abwehrkette.
  

Aufbauspiel? Nein Danke, wir haben Sukuta-Pasu!


Die zweite große Baustelle des VfL war das berechenbare und somit durch abgefangene Pässe oder gut hergestellte Pressingsituationen des Gegners hochriskante Aufbauspiel. Diese Baustelle wurde geschlossen, indem ein spielerischer Aufbau aus der Abwehr völlig verweigert wurde. Sobald sich die Möglichkeit bat, wurde mit langen Bälle auf Sukuta-Pasu oder in die freien Räume auf den Außen operiert. In diesen Situationen zeigte sich die ganze Klasse des aus Kaiserslautern ausgeliehenen Stürmers. Er zeigt stets gut getimte Bewegungen auf die Flügel und ins Mittelfeld, die er meist so weit ausführte, dass die Innenverteidiger ihn in das Mittelfeld oder an die Außenverteidiger übergaben. Diese kurzen Phasen reichten aus, damit Sukuta-Pasu die Bälle festmachen und ablegen konnte. Damit bespielten die Bochumer auch die Bielefelder Mannorientierungen durchaus geschickt, indem sie die Sechser oder Außenverteidiger herauslockten und dadurch einige Male große Distanzen zwischen Mittelfeld und Abwehr bzw. zwischen Innen- und Außenverteidigung aufzogen. Dabei war die Staffelung für diese Bälle durch Einrücken von Bastians und Tasaka sehr gut. Durch die hohe Stellung von Ilsö, der anders als im Spiel gegen Köln sich bei den Ablagen nicht hinter dem Ball positionierte, und diagonale Läufe aus der zentralen Stellung konnte nach der Ballsicherung sofort weiterer Raumgewinn erzielt werden.
  
Stellung bei einem langen Ball aus der Abwehr auf Sukuta-Pasu, der aus dem Zentrum weit in den rechten Halbraum ausweicht. Tasaka attackiert direkt den Freiraum hinter dem aufgerückten Außenverteidiger, falls Sukuta-Pasu den Ball per Kopf weiterleiten kann. Tiffert, Jungwirth und Bastians besetzen eng gestaffelt das Zentrum, um gegen schnelle Gegenstöße abgesichert zu sein. Ilsö steht für direkte Vertikalpässe nach Ablagen im Zwischenlinienraum bereit.
  

Dribblings gegen das Gegenpressing

 
Eine zentrale Frage des Vorberichts thematisierte das Gegenpressing gegen Bochums Sechser Florian Jungwirth. Dieses war letztendlich kein so entscheidender Faktor, da Jungwirth aufgrund von Bielefelds Spielaufbau, der ebenfalls mit vielen langen Bällen operierte, und der eher passiven Spielweise der Bochumer nicht der zentrale Ballgewinner war. Stattdessen wurden die meisten Bälle von den Innenverteidiger herausgeköpft, die dann zumeist versuchten, die Situationen über die spielstarke rechte Seite aufzulösen. Dabei wurden insbesondere die Dynamik und Dribblings von Freier und Tasaka genutzt, wobei jedoch bei Möglichkeit auch wieder lange Bälle als Mittel dienten. Wurden die Bälle ins Zentrum geklärt, so versuchte auch Jungwirth durch Sololäufe das Pressing zu umgehen. Dies gelang ihm jedoch nicht immer. Hier spielte auch eine spezielle Charakteristik des Bielefelder Pressings eine Rolle. Die zweiten Bälle wurden nicht direkt attackiert. Stattdessen wurde gewartet, bis der Bochumer Spieler den Ball kontrolliert und sich nach einer Passoption umsieht. In diesem Moment schwärmten die Bielefelder aggressiv aus und stellten mannorientiert alle Passmöglichkeiten zu. Dribblings gegen den ballattackieren Bielefelder waren somit oft die einzige Möglichkeit. In den ersten 10 min wurde dies von Bielefeld herausragend gemacht, danach fehlte diesem Pressing etwas die Dynamik. Das Tor zum 0:1 fiel nachdem Tasaka eine solche Pressingsituation mit einem Dribbling und einem Pass in den freien Raum auflöste.
  
Die Szene vor dem 0:1. Nach einem Ballgewinn kann Tasaka den Ball sichern. Er wird direkt von vorn und von hinten aggressiv attackiert. Gleichzeitig sind alle ballnahen Anspielstationen mannorientiert zugestellt. Tiffert nutzt diese Eigenart des Bielefelder Pressings und zieht Tasaka den Raum ins Zentrum frei, den dieser mit einem Dribbling ansteuert. Bielefelds rechter Mittelfeldspieler orientiert sich darauf  mannorientiert an Jungwirth, so dass Acquistapace nach dem Pass frei die gesamte Linie entlang laufen kann.
 
Bei Tasaka erzeugte diese Art der Befreiung gegen einzelne Gegenspieler wohl zu viele positive Energien. Er stürzte sich auch im Offensivdrittel häufig allein gegen 3-4 Leute in Dribblings. Dabei gab es jedoch, anderes als in der damaligen Ausrichtung mit starken Überladungen und dynamischer Absicherung, kaum eine Chance auf Abpraller bei Ballverlusten. Hier traten die allgemein nicht immer gut gestaffelten Strukturen des VfL im freien Spiel hervor, da die unterstützenden Spieler sich zu flach in letzter Linie positionierten.
 

Der Beitrag von Felix Bastians


Felix Bastians stabilisierte nicht nur die Defensive. Auch offensiv zeigte er interessante Bewegungen. Die langen Bälle Bochums zielten meist auf den rechten Halbraum (siehe Abbildung bei 00:43). Trotz seiner recht linearen Interpretation des Außenverteidigers klebte er keinesfalls stark an seiner linken Seite, um für Verlagerungen bereit zu stehen. Allerdings war er auch kein konstant nach rechts gehender Akteur, der sich in die Überladungen des angespielten Raums eingebunden hätte, um die Kompaktheit in diesen Bereich zu stärken. Vor allem bestand seine Aufgabe scheinbar darin, auf chaotische Situationen zu warten und alle möglichen Freiräume anzusteuern, die sich durch den etwas hektischen Spielcharakter und die Bielefelder Mannorientierungen auftaten. Weil Ilsö und Sukuta-Pasu einige Male auswichen und Feick durch Tasaka ins Zentrum gezogen wurde, ergaben sich in diesen Bereichen – zu einer der beiden Seiten von Salger – häufig größere Schnittstellen, in die Bastians aus seiner zentraleren Position hineinstarten konnte. So diente er einige Male als Ablagestation in letzter Linie, die situativ zur Grundlinie starten konnte, sorgte aber meistens für Tiefe im Bereich um das Strafraumeck.
   
Situation vor der Flanke zum 0:1. Acquistapace hat nach seinen Sololauf auf Jungwirth abgelegt. Dieser wird von zwei freien Bielefeldern nur gestellt. Dies liegt auch an Felix Bastians, der aus einer absichernden zentralen Position das linke Strafraumeck angelaufen hat und somit ballnah Verwirrung stiftete.
  

Wechsel

  
Mit der Einwechslung von Achahbar stiegen die spielerischhochwertigen Aktionen der Bielefelder erheblich. Der VfL war deshalb durch die Wechsel bemüht, die Stabilität wieder zu erhöhen. Der – trotz seines Tores – offensiv unglückliche Tasaka, der sich defensiv in der Manndeckung aufgerieben hatte, wurde durch Sechser Danny Latza ersetzt. Dafür wechselte Tiffert auf den rechten Flügel. Als auch Tiffert mit seinen Kräften am Ende war, wurde Freier ins Mittelfeld beordert, hinten sicherte Eyjolfsson als kopfstarker einrückender Außenverteidiger ab.

Fazit

  
Mit den aktuellen Anpassungen haben Peter Neururer und sein Team einen wichtigen Schritt getan und die Defensive gut stabilisiert. Durch die Aufgabe des konstruktiven Spielaufbaus zu Gunsten von gut vorbereiteten langen Bällen konnten auch die Schwächen in Aufbauspiel und Konterabsicherung kaschiert werden. Die Kehrseite dieser Taktik ist jedoch die extreme Abhängigkeit von Sukuta-Pasu, der nun bereits seit einiger Zeit an der Grenze zur Gelbsperre wandelt. Auch im Ausspielen der Kontersituationen gibt es noch einige Luft nach oben. In den kommenden Woche besteht also vor allem bezüglich gruppentaktischer Mittel für das Aufbau- und Umschaltspiel Trainingsbedarf.

Freitag, 22. November 2013

Vorschau: DSC Arminia Bielefeld - VfL Bochum

Der 15. Spieltag der zweiten Liga beginnt unter anderem mit der Partie des VfL Bochum bei der Arminia aus Bielefeld. Zusammen mit Bielefeld-Experte TR von der Spielverlagerung habe ich ein wenig über das Spiel diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussion möchte ich hier als kleinen taktischen Teaser auf das Spiel zusammenfassen.
  

Grundsituation

  
Trotz der unterschiedlichen Ausgangsbasis bezüglich der Punktausbeute in den letzten Spielen weisen beide Teams eine recht ähnliche Ausrichtung auf:
  • Tiefes Mittelpressing im 4-4-2
  • Offensivprobleme durch schlechte oder inkonstant ausgenutzte Strukturen und vorzeitige lange Bälle im Spielaufbau
  • Kompensation durch Flanken und Präsenzspiel (Überladen von Seiten und Strafraum)
  • Hohe Außenverteidiger im Aufbau
  • Chaotische Elemente durch Mannorientierungen und individuelles Herausrücken im Gegenpressing
     

Kernfragen

  
Die Bochumer fühlen sich deutlich wohler, wenn sie das Spiel nicht aktiv gestalten müssen, sondern auf den Gegner reagieren können. Der Einsatz von Bastians im Mittelfeld und die Worte von Stefan Krämer deuten darauf hin, dass dies heute Abend möglich sein wird. Während Peter Neururer die taktische Ausrichtung beibehält, will Stefan Krämer mutig nach vorne spielen. Ob Bielefeld tatsächlich dominant auftreten kann, hängt auch von den folgenden Aspekten ab:
  • Wer spielt wann lange Bälle?
    Bielefeld hätte im geordneten Aufbau theoretisch die Mittel das Bochumer Vorgehen auf den Außen mit einem vorrückender Außenverteidiger und einem stellenden äußeren Mittelfeldspieler auszunutzen. Hier kann Hilles Interpretation auf Außen hilfreich sein, die geweitete Schnittstelle zwischen Innen- und Außenverteidiger durch horizontale Sprints des Bielefelder Stürmers hinter den herausgerückten Außenverteidiger zu bespielen. Insbesondere Achahbar scheint hierfür geeignet.
  • Wie funktioniert das Gegenpressing der Bielefelder, insbesondere gegen Jungwirth?
    Jungwirth ist der zentrale Balleroberer in Bochums Mittelfeld. Er zeigte jedoch zuletzt Probleme in der Ballverteilung, wenn er nach seinen Ballgewinnen direkt gegengepresst wird. Bielefeld fächert im Aufbauspiel weit auf und bietet somit Räume an. Das Gegenpressing wird also eine zentrale Rolle spielen.
  • Wie verteidigt Bochum gegen die hohen Bielefelder Außenverteidiger?
    Hier ist die Frage ob es wieder Mannorientierungen der Mittelfeldspieler gegen die Außenverteidiger geben wird, wie im Spiel gegen Kaiserslautern. Falls ja, müssten die Bochumer Außenverteidiger wiederum die Räume vor der Abwehrkette durch gutes Herausrücken verteidigen? Ein passiveres Vorgehen gegen die Außen analog zum Spiel gegen Köln erlaubt eine bessere Raumkontrolle, könnte jedoch gefährliche Schnittstellenpässe zulassen.
  • Wie passt sich Bielefeld an die Bochumer an?
    Stefan Krämer ist bekannt für seine Matchpläne. Es wird interessant sein, zu sehen, wie Bielefeld gegen Bochums starke rechte Seite (Tiffert, Tasaka, Freier, Sukuta-Pasu) vorgeht? Eventuell gibt es einen Einsatz eines defensivstarken Flügelspielers und eine Asymmetrie im Mittelfeld. Außerdem ist offen wie sich die Bielefelder Mannorientierungen im Mittelfeld gegen die vertikalen Laufwege Jungwirths in Kombination mit den diagonalen Bewegungen Tifferts gestalten.
  • Nachrücken auf den zweiten Ball?
    Bochum geht wahrscheinlich direkt drauf, Bielefeld überlässt auch mal und versucht vorhersehbare Konter- bzw. Aufbauaktionen zu provozieren. Hierbei kommen ihnen die klaren Rollen von Sukuta-Pasu als Wandspieler und Ilsö und Tasaka als Umschaltspieler entgegen.
     

These


Aufgrund der Probleme und Charakteristika der Bielefelder wird es wohl ein seltsames Spiel mit evtl. abrupten Wechseln von schlecht ausgespielten und chaotischen Phasen mit ruhigeren und teils langweiligen Abschnitten. Bochum ist taktisch nahezu lächerlich vorhersehbar, während Bielefeld sich häufig so extrem auf den Gegner anpasst, das die Vorgehensweise teilweise verrückt wirkt. Dabei sind die Spielercharaktere für diese Verrücktheit wiederum zu konservativ, was dieses Spiel sehr unberechenbar macht.

Sonntag, 10. November 2013

VfL Bochum - 1. FC Köln 1:0


Anpassungen beim VfL Bochum

  
Der VfL verteidigt gewöhnlich in einem sehr lenkenden Mittelfeldpressing und sucht Zugriff auf den Außenbahnen. Dazu rücken die Sechser weit auf und die äußeren Mittelfeldspieler weit ein. In diesem Spiel gab es einige kleinere Anpassungen, um das Offensivspiel der Kölner zwischen den Linien einzuschränken. Die Sechser blieben lange Zeit sehr zentral und nah an der Viererkette. Trotz der Aufstellung von Tiffert gab es nur selten das 4-1-3-2 im Pressing zu sehen. Auch die Außenspieler rückten nicht so weit ein wie gewöhnlich und bleiben in der defensiven Grundformation mit den Sechsern in einer Kette. Versperrten Sukuta-Pasu und Ilsö also beim zentralem Ballbesitz im Kölner Aufbauviereck aus den Innenverteidigern und Sechsern etwa auf Höhe der Mittellinie den Weg in die Mitte wurde sinnbildlich eine 4-4-0-2 Defensivformation hergestellt. Sobald einer der Kölner Sechser oder Innenverteidiger mit Ball in die vertikal zentralen Halbräume einrückte, wurde dieser vom ballnahen äußeren Mittelfeldspieler innen gestellt, so dass kein Pass in den zentralen Raum vor der Abwehr möglich war. Gleichzeitig rückt der ballnahe Außenverteidiger auf, um die vom Mittelfeldspieler angebotene Außenbahn zu verstellen. Zumeist mussten die Kölner die Angriffe abbrechen oder unter dem Druck der beiden Außenspieler den langen Ball suchen. Bei den wenigen Chancen der Kölner in der ersten Halbzeit (z. B. nach Flanke auf Helmes in der 24. min) gelang es den Kölner über gute Lochpässe der Sechser in den Raum hinter den stellenden Außenverteidiger durchzubrechen. Die zentralen Zwischenlinienräume waren tabu.
 
"Wir wollten ihnen mehr Ballbesitz geben und die Räume in der Tiefe besetzen."
Peter Neururer

Grundformationen zu Spielbeginn
   
Auch im Aufbauspiel war der VfL gut auf das Pressing der Kölner vorbereitet. Es wurde nicht wie üblich versucht, das Spiel über die rechte Außenbahn zu tragen. Stattdessen wurde das Pressing über gezielte lange Bälle auf Sukuta-Pasu überspielt. Bei diesen Bällen ließ sich Ilsö geschickt sehr tief fallen, um zusammen mit den einrücken Außenspielern Cwielong und Tasaka sowie einem aufrückenden Sechser Zugriff auf die zweiten Bälle herzustellen. Da die Kölner beim hohen Pressing oft herausrückten, um lokale Kompaktheiten vor dem Ball zu erzeugen, war dieses Mittel sehr passend und viele Bälle konnte so hinter die erste Linie gebracht werden. Sobald der Ball unter Kontrolle war, wurden die üblichen Mechanismen (Diagonalläufe von Tiffert, Überladung der rechten Seite) ausgespielt. Ilsö agierte dabei eher wie eine klassische 10 als wie eine hängende Spitze.
  
"Der VfL hat heute alles in die Waagschale geworfen, was wir im Vorfeld erwartet haben: Zweikampfstärke, Standards, lange Bälle"
Peter Stöger
  

Die Trainer reagieren

   
In den ersten 15 min der zweiten Hälfte behielt das Spiel die grundsätzlichen Strukturen bei. Köln versuchte vergeblich, Lücken in den Bochumer Defensivstrukturen zu finden. Bochum arbeitete weiterhin viel mit langen Bällen und schnellem Umschalten nach Ballgewinnen.
 
Grundformationen ab der 62. min

In der 62. min reagierten beide Trainer. Während Peter Neururer mit dem Außenverteidiger Felix Bastians für Tasaka positionsgetreu wechselte, um die defensive Stabilität auf den Außen noch weiter zu stärken, opferte Peter Stöger Linksaußen Slawomir Peszko, um mit Anthony Ujah eine zweite Sturmspitze zu bringen. Daniel Halfar wechselte von der zentralen auf die linke Offensivposition. Der 1. FC Köln spielte von nun an ein klares 4-4-2. Interessanterweise konnte Peter Stöger durch diesen Wechsel erstmal die Räume vor der Abwehr in Angriff nehmen. Diese wurden nun noch dynamischer besetzt. Lehmann und Gerhardt zeigten gut getimte Vorstöße und Halfar tendierte von der linken Außenposition häufig Richtung Zentrum. Entscheidender war jedoch die defensive Bindung der Bochumer Innenverteidiger. Während diese in der ersten Hälfte häufig durch aggressives Herausrücken die Kölner schon bei der Ballannahme entscheidend stören konnten, sorgte die höhere Präsenz des FC im Sturmzentrum für eine deutlich vorsichtigere Gangart. In mehreren Situationen warteten Fabian, Acquistapace und Maltritz in einer 2 zu 3 Überzahl lieber ab, als den Ballführenden im Zwischenlinienraum aggressiv unter Druck zu setzen. Auf diese Weise konnte Köln ein paar vielsprechende Situationen erzeugen.
  
Der Bochumer Siegtreffer fiel in dieser Phase somit gegen den Trend des Spiels. Nach einem riskanten aber für die Idendität des VfL Bochum typischen aggressiven Tackling konnte Acquistapace den Ball behaupten. Seine Flanke brachte Richard Sukuta-Pasu mit dem Rücken zum Tor gegen zwei Kölner erfolgreich ins Netz. In der Situation kam dem VfL zu Gute, dass Bastians seine Außenposition deutlich linearer als Cwielong oder Tasaka interpretierte und somit durch sein Hinterlaufen Acquistapace die entscheidende Sekunde für seine Maßflanke verschaffen konnte. Kaum ist Bastians wieder da, fallen auch wieder Tore über links ;-).
   

Eine Premiere: Der VfL im flachen 4-5-1

  
In der 77. min  stellte Peter Stöger erneut um. Für Außenverteidiger Miso Brecko kam Stürmer Kacper Przybylko. Marcel Risse spielte von nun an eine Art Flügelverteidiger, der die rechte Außenbahn komplett beackerte. Przybylko sollte die Präsenz im Rückraum und das Binden der Innenverteidiger weiter verstärken. Auch hier reagierte das Bochumer Trainerteam sofort. Danny Latza kam für Ken Ilsö und rückte ins defensive Zentrum, um die dort fehlende Präsenz wieder herzustellen. Tiffert und vor allem Jungwirth wurden entlastet und konnten im Pressing wieder bedingsloser herausrücken. Außerdem wurde Jungwirth von der Bürde des Spielaufbaus weiter entbunden. Der Bochumer Führungsspieler zeigte hier erneut Schwächen, die er aber mit teils begeisterungswürdigen Tacklings im Gegenpressing kaschieren konnte. Der VfL trat erstmals im flachen 4-5-1/4-1-4-1 mit herausrückenden Achtern an. Die Flügel wurden - auch mit der Einwechslung des Außenverteidigers Unur Bulut für Yusuke Tasaka in der 71. min - weiter verstärkt und die Präsenz im Rückraum war wieder hergestellt. Im Gegenzug wurde sich jedoch auf Unterzahlkonter, bei denen maximal einer der Außenspieler und einer der 8er mit aufrückte, beschränkt. Der VfL setzte voll auf die Verteidigung der knappen Führung.
 
Grundformationen ab der 85. min
  
Da der VfL mit diesem Wechsel den Kölnern die einzige Gefahrenquelle nahm, griff Stöger endgültig zur Brechstange. Mit Roman Golobart kam in der 85. min ein klarer Zielspieler, der von nun an mit hohen Bällen gesucht wurde. Die weiteren Stürmer lauerten im Rückraum auf Ablagen, um zum entscheidenden Abschluss zu kommen. Mit etwas Glück bei Luthes Aussetzer und viel Einsatz von Fabian und Co., die im wahrsten Sinne Kopf und Kragen riskierten, rettete der VfL die Führung über die Zeit.